Verrenberg HistorischDas Leben(swerk) des Fabrikanten J. M. Weippert
aus Verrenberg; 1822 - 1904


Der Lebenslauf

Johann Michael Weipert wurde am 20. Juni 1822 in Verrenberg, einem heutigen Stadtteil von Öhringen, als unehelicher Sohn von Maria Barbara Weippert geboren. Als seine Mutter am 18.8.1824 Johann Georg Schuster aus Adolzfurt heiratet, wird dieser sein Stiefvater. Am 17.04.1836 wird er in Adolzfurt konfirmiert.
Sein "Ziehvater" war kurz zuvor am 27.03.1836 gestorben. War er, als die Mutter 1837 erneut heiratete, "im Weg" und wurde zur Ausbildung "fortgegeben"?

In der "Chronik 125 Jahre J. Weipert & Söhne, Heilbronn" liest sich folgendes über seine Jugend:
In seiner frühen Jugend kam er als Waise in die Gustav Werner-Stiftung zum Bruderhaus nach Reutlingen. Hier wuchs er auf und lernte in der angegliedeten Maschinen-Werkstätte das Wagnerhandwerk.
Da im Bruderhaus die Ausbildungstätigkeit erst 1842 begann und er zu diesem Zeitpunkt bereits 20 Jahre alt war, ergibt sich die Vermutung, dass er er nach seiner Konfirmation ein Handwerk erlernte und erst danach zum Bruderhaus nach Reutlingen kam.

Als junger Geselle ging er nach Heilbronn und fand bei Johann Conrad Drautz, einer Wagnerei in der Präsenzgasse 4, Arbeit und Unterkunft.
Am 5. Dezember 1853 starb Johann Conrad Drautz und hinterließ eine 32-jährige Witwe und vier Kinder:

   Johanna Catharina Friederike, geboren am 04.11.1841
   Georg Carl Gottlob, geboren am 20.12.1847
   August Bernhard, geboren am 03.03.1849
   Ernst Heinrich, geboren am 25.09.1852.

Am 16. Mai 1854 heiratete Weipert die Witwe Johanna Sabine, geborene Titus und 1855 ist er erstmals im Heilbronner Adressbuch eingetragen. Dieser Ehe entstammt der Sohn

   Friedrich Gustav, geboren am 29.04.1858.

Im Jahr 1859 zog die Familie nach Reutlingen, die Gründe dafür sind unbekannt.
Weipert fand in der Maschinen-Werkstätte des Bruderhauses erneut eine Anstellung. Damals arbeiteten zur gleichen Zeit Wilhelm Maybach (von 1856 bis 1869) und Gottlieb Daimler (von 1865 bis 1869) im Bruderhaus.
Das Alleinsein und die sicher nicht leichte Zeit im Bruderhaus hat Weipert wohl das Elternhaus vermissen lassen. Durch seine Heirat kam er in eine Familie, der er, so scheint es, gerne vorgestanden ist. Weiperts Frau Johanna Sabine starb am 17. Oktober 1860, sie wurde in Reutlingen beigesetzt.
Der frühe Tod der Ehefrau und Mutter stellte Weipert vor eine neue schwierige Aufgabe. Gemeinsam mit seiner inzwischen 19-jährigen Stieftochter Johanna Catharina gelang es ihm, die Familie zusammenzuhalten.
Am 20. Juli 1865 heiratete Weipert in Reutlingen in zweiter Ehe Christine Caroline Volz aus Heilbronn. Aus dieser Ehe stammen die Kinder:

   Ferdinand Carl, geboren am 01.11.1867 in Reutlingen
   Anna, geboren 1875 in Heilbronn

1866 gründete er eine eigene landwirtschaftliche Maschinenfabrik.
Seine Stieftochter Johanna Catharina heiratete am 24. September 1868 Lorenz Gross in Reutlingen.
Im Jahr 1869 übersiedelte die Familie mit samt Fabrik wieder nach Heilbronn. Johann Michael Weipert gehörte in der Zeit von 1878 bis 1884 dem Gemeinderat an.
1874 wandelte er seine Fabrik in die offene Handelsgesellschaft "J. Weipert & Söhne" um und betrieb ab 1875 zusätzlich eine Eisengießerei.
Am 30. Juli 1885 starb seine zweite Frau Christine Caroline.
Am 17. April 1904 starb Johann Michael Weipert.

Die Firmengeschichte


Am 6. August 1866 eröffnete Johann Michael Weipert in Reutlingen "ein Geschäft auf eigene Rechnung" wie er in der Anzeige (Bild links)
im Schwarzwälder Bote, Oberndorf, ausführt.
Die Anzeige wurde in den folgenden Wochen wiederholt. Die damalige Zeit war für eine Eröffnung günstig, denn es war die Epoche der sich schnell ausbreitenden Mechanisierung. Die Leistungen des "Geschäfts" müssen sehr gut gewesen sein. Bereits am 5.Juni 1867, als noch kein Jahr seit der Gründung vergangen war, erschien im Schwarzwälder Bote die folgende Anzeige (Bild rechts) von einer landwirtschaftlichen Maschinen-Werkstatt:
Beginn der Reutlinger Firma von Johann Michael Weipert, 1866 Die Reutlinger Firma von Johann Michael Weipert, 1867
In einer weiteren Anzeige im Schwarzwälder Bote, am 24. Dezember desselben Jahres, hatte man schon eine "Fabrik". Die Reutlinger Firma von Johann Michael Weipert, 1867 Diese Anzeige zeigt wie selbstbewußt Weipert bereits geworden war. Ein Zeichen für den früheren Arbeitgeber (zum Bruderhaus), daß hier eine echte Konkurrenz entsteht. Nun mußte sich Weipert entweder der Konkurrenz stellen oder einen Ortswechsel vornehmen. Er entschloß sich zu letzterem. Seine Überlegungen können auch durch das Heimweh seiner Familie nach Heilbronn mitbeeinflußt worden sein.
Weipert sah sich nun in Heilbronn nach einem geeigneten Grundstück um. Verwandte seiner Frau machten ihn wohl auf einen freien Acker neben ihrer Firma, Volz & Cie., aufmerksam. Das Gelände war im Besitz der Stadt, es lag Ecke Scheerweg, heute Herbststraße, und Schaafhausstraße, heute Gymnasiumsstraße.
Zu Beginn des Jahres 1869 schrieb Weippert an die Stadtpflege Heilbronn und bewarb sich um das erwähnte Grundstück. In den Ratsprotokollen steht darüber u.a.:
"Die Stadtpflege legt eine Anfrage des Maschinenfabrikanten J. Weippert in Reutlingen, ob und unter welchen Bedingungen der städtische Acker am Scheerweg 3/8. Morgen 12 Ruten käuflich abgegeben werde, vor. Er liege an einer Baustraße und dürfe deswegen wohl zu 8 000 f pro Morgen feil werden."

Die Stadtpflege macht dem Gemeinderat die Anzeige, daß sie von dem Beschluf3 des Gemeinderats vom 12. v. Mts. dem Maschinenfabrikanten Weippert in Reutlingen mit dem Bemerken Mitteilung gemacht habe, daß ein Preis von 8 000 f pro Morgen vorgeschlagen worden sei. Dieser kommt dem Weippert sehr hoch vor, er biete 5 000 f pro Morgen und glaube Berücksichtigung für sich in Anspruch nehmen zu können, da sein Geschäft nicht so unbedeutend sei, er derzeit schon 12 Arbeiter beschäftige und hier seine Fabrik auszudehnen beabsichtige.

"Der Bürgerausschuß beantragt, vom öffentlichen Aufstreich im vorliegenden Fall nicht abzugehen, weshalb der Gemeinderat beschließt, die Stadtpflege zu beauftragen, dem Weippert zu erwidern, daß man den fraglichen Acker, wenn er ernstlicher Liebhaber sei, zur öffentlichen Versteigerung bringen wolle."

"Mechaniker Johann Weippert will nach dem Bauschau-Protokoll zum 12. ds. Mts. an der Ecke Schaafhausstraße und dem Scheerweg eine Fabrik zur Fertigung landwirtschaftlicher Maschinen erbauen."

"Vom Gemeinderat wird beschlossen, gegen den Bauplan des Weippert nichts zu erinnern. ...an die Bauerlaubnis die weitere Bedingung zu knüpfen, daß Weippert das einst zur Strasse nöthige Areal um den Preis von 3000 f pro Morgen an die Stadt abzutreten habe, um welches er solches selbst erworben hat."

Weippert muß nach Erhalt der Baugenehmigung alsbald mit dem Bau begonnen haben, denn bereits am 6.Januar 1871 war die nachfolgende Anzeige im Schwarzwäldcr Bote zu lesen:
Beginn der Heilbronner Firma von Johann Michael Weipert, 1871 Noch im Jahr 1869 zieht die gesamte Familie nach Heilbronn. Der Erfolg in der Firma und die Harmonie in der Familie haben wohl, so ist anzunehmen, Weippert 1874 veranlaßt, seine Einzelfirma unter Hereinnahme seines Stiefsohnes Georg Drautz und seines Stiefschwiegersohnes Lorenz Gross in eine Offene Handelsgesellschaft
J. Weipert & Söhne
umzuwandeln.
Zum 1. Januar 1875 wurde die Fabrik durch eine Eisengießerei erweitert, wodurch sich auch der Rundenkreis vergrößerte.
Im Schwarzwälder Bote erscheint dazu folgende Anzeige:
Die Heilbronner Firma von Johann Michael Weipert, 1875
Am 3. Juli 1875 werden die Herren Landwirte direkt angesprochen. Dazu aus dem Schwarzwälder Boten:
Die Heilbronner Firma von Johann Michael Weipert, 1875
Die Überführung der Einzelfirma in eine Offene Handelsgesellschaft J. Weipert & Söhne hatte sich bald als richtig erwiesen. Die Entwicklung und Erweiterung des Unternehmens verlief kontinuierlich und erfreulich.

Bis 1875 schrieb er sowohl seinen Namen als auch den Namen der Firma wechselweise mit pp oder p, danach nur noch mit p.

1877 wurde der Stiefsohn August Bernhard Drautz, der ein Ingenieur-Studium absolviert hatte, als weiterer Teilhaber in die Firma aufgenommen.
Aus dem Stadt-Archiv Heilbronn stammt eine Anzeige aus der hervorgeht, daß die Firma noch ein weiteres Standbein hatte, der Bau von Mühlen, Fabrikanlagen und Turbinen. Dieses wurde jedoch wieder aufgegeben.
1879 wurde die Fabrik bereits weiter ausgebaut. Der Markt war aufnahmefähig, die Produktion auf dem neuesten Stand, die Verarbeitung solide und das verarbeitete Material von bester Qualität. Der Name Weipert setzte sich in der Branche immer mehr durch. Im gleichen Jahr wurde auch der dritte Stiefsohn Ernst Drautz als Teilhaber aufgenommen. Er hatte eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen und war schon längere Zeit in der Firma tätig.
Im Jahr 1883 verließ der 1877 als Teilhaber eingetretene August Bernhard Drautz die Firma. Er eröffnete in Stuttgart ein Büro für Patente, Gebrauchsmuster, Warenzeichen und Musterschutz. Dazu erscheint die folgende Anzeige im Schwarzwälder Boten:
Weipert Patentanwalt Stuttgart Drautz wurde später Mitgesellschafter bei dem Patentanwaltsbüro Schwaebsch in Stuttgart und bearbeitete für Weipert & Söhne fast alle Patente und Gebrauchsmuster-Anmeldungen.

Von einer Teilnahme bei der Württembergischen Landesgewerbe-Ausstellung 1881 in Stuttgart zeugt heute nur noch ein Druckstock, der unter den Trümmern gefunden wurde.
Betriebsangehörige sollten auch im Krankheitsfall versichert sein. Es wurden zu dieser Zeit deshalb überall Betriebskrankenkassen ins Leben gerufen. Auch Weipert gründete am 27. November 1884 eine Betriebskrankenkasse.
1885 wirbt Weipert mit einer weiteren Empfehlung für Obst- und Weinpressen im Schwarzwälder Boten:
Die Zahl der Beschäftigten nähert sich in dieser Zeit der Zahl 100. Die 80er Jahre waren recht erfolgreich. Jahr für Jahr konnten steigende Stückzahlen erreicht werden.
Die Fabrikationsräume wurden zu klein. Das umliegende Gelände war bebaut. Es gab also nur zwei Alternativen: entweder konnte die Produktion nicht weiter gesteigert werden, oder man mußte sich nach einem größeren Gelände umsehen. Stehen bleiben wollte man auf gar keinen Fall, deshalb faßte Weipert Anfang 1890 den Entschluß, sich im neuen Industriegebiet Kleinäulein um ein großes Betriebsgelände zu bemühen. Seine Anstrengungen hatten Erfolg.
Von mehreren Grundbesitzern erwarb er ein Gelände von zusammen ca. 600 ar. 200 ar 35 qm davon kaufte er vom Rameralamt Heilbronn.
Als der Umzug bereits zum größten Teil vollzogen war, brach am 6. Oktober 1892 in der alten Fabrik ein Großbrand aus. Die Fabrik wurde dadurch vollständig zerstört. Der entstandenen Schaden wurde auf ca. 218 000,-M beziffert.
Es war jetzt von Vorteil, daß die Firma stets ein großes Lager an Fertigprodukten hielt. Die Runden konnten so größtenteils noch ab Lager beliefert werden bis die Produktion in der neuen Fabrik voll lief.
Im Kleinäulein, dem neuen Industriegebiet, ließ sich die Firma als erste nieder und erhielt alsbald einen eigenen Gleisanschluß.Weipert baute hier eine dem neuesten Stand der Technik entsprechende Fabrikanlage. Qualität wurde groß geschrieben.
Die noch vorhandenen Unterlagen zeigen, daß es durch die modernen, praxisorientierten Konstruktionen und die allgemein bekannte Qualität der Erzeugnisse sowie ein gut aufgebautes Vertreternetz, geführt von dem willensstarken und ideenreichen Gründer und seinen in den maßgebenden Positionen mitarbeitenden Stiefsöhnen möglich war, zu sehr befriedigenden Ergebnissen zu kommen, die den laufend erforderlichen Erweiterungen der Produktion die benötigten Mittel erwirtschafteten.
Die Firma sicherte ihre Entwicklungen, wenn möglich,durch Patente bzw. Gebrauchsmuster ab. Im Firmen-Archiv befinden sich heute noch über 40 Original-Urkunden aus der Zeit 1899 bis 1933 aus Deutschland, Schweiz, Österreich, Frankreich und Russland.
Die Werbung durch Zeitungsannoncen wurde die ganze Zeit beibehalten. Hier sind zwei Beispiele aus dem Schwarzwälder Boten vom 16.8.1896 und vom 23.8.1896.

Die stürmische Entwicklung setzte sich fort. Dies belegen die steigenden Stückzahlen der jährlich gefertigten Maschinen. Man dachte nun bereits an die nächste Erweiterung und nahm jede Gelegenheit wahr, angrenzende Grundstücke, die zum Verkauf standen, zu erwerben.
Der Gedanke an ein neues weiteres Standbein war nach wie vor lebendig. Sohn Ferdinand bildete dabei die treibende Kraft. Einige Aufzeichnungen in einem privaten Büchlein des Vaters stützen diesen Gedanken.
Es kann also angenommen werden, daß schon kurz nach dem Umzug in's Kleinäulein auch mit dem Bau der Fabrikhalle für die Werkzeugmaschinen-Produktion begonnen wurde. Sie sollte völlig getrennt von der laufenden Produktion der landwirtschaftlichen Maschinen aufgezogen werden. Für diese Fertigung war die Hälfte des erworbenen Areals zwischen Etzel- und Füger-Straße, entlang der Weipert-Straße vorgesehen. Das restliche Areal diente als erweiterter Holzlagerplatz. Die Raumnot in dem "alten" Fabrikgelände konnte so behoben werden.
1895 wurde der Sohn Ferdinand Carl, Diplom-Ingenieur, als weiterer Teilhaber in die Firma aufgenommen.
Auf einer Industrie-Ausstellung, die gegen Mitte des Jahres 1897 in Heilbronn stattfand, war Weipert & Söhne als größter Aussteller repräsentativ auf zwei Flächen vertreten. Die Firma beschäftigte inzwischen über 300 Mitarbeiter.
Auch im Osten des Deutschen Reiches war der Bedarf an Maschinen und Geräten sehr groß. In Breslau wurde deshalb 1911 eine Niederlassung errichtet. Man erwarb ein Anwesen, das aus einem großen Wohn- und Geschäftshaus bestand und im Erdgeschoß Läden, eine Werkstatt und Lagerräume besaß. Es lag in der Ofenerstraße.
Die Niederlassung arbeitete sehr erfolgreich und konnte dank eines gut aufgebauten Vertreternetzes bald bedeutende Umsätze erzielen. Auch in Danzig entschied man sich 1912, eine Niederlassung zu gründen. Eine in Hannover geplante Niederlassung wurde dagegen nicht verwirklicht.
Aus den Unterlagen geht außerdem hervor, daß auch nach Kurland, Estland, Livland sowie Podolien,Wollhynien und Bessarabien Geräte geliefert wurden. Nach Russland konnten bereits größere Stückzahlen verkauft werden. Die gelieferten Stückzahlen an Geräten und Maschinen erhöhten sich in den Jahren 1897 - 1904 von 12 842 auf 18020.
Am Anfang dieses Jahrhunderts gab es Überlegungen, auch nach Übersee zu exportieren. Aus dieser Zeit stammen zwei Anzeigen aus dem Hamburger Export-Handbuch, das von C. Ed. Biedermann in Hamburg herausgegeben wurde.
Am 17. April 1904 verstarb der Firmengründer Johann Michael Weipert.

Lorenz Groß, der Stiefschwiegersohn von J. M. Weipert und Mitbegründer der 1874 ins Leben gerufenen offenen Handelsgesellschaft, schied am 5. Dezember 1905, kurz nach dem Tod von J. Weipert aus der Firma aus
. Er gründete die Firma Rrayl & Gross, landwirtschaftliche Geräte, Heilbronn, Salzstraße.

Da man sich bei den Kunden nicht gegenseitig in die Quere kommen wollte, wurde in einem Trennungsvertrag (der Vertrag befindet sich im Archiv der Firma) festgehalten, welche Geräte Krayl & Gross nicht herstellen durfte und welche Weipert nicht bauen dürfe. Weipert & Söhne verpflichtete sich jedoch, den künftigen Grauguß-Bedarf zum handelsüblichen Preis zu liefern.

Am 22. Juli 1906 verstarb der Teilhaber Georg Drautz. Sein Sohn Alfred Drautz, geb. am 28. November 1876, trat als sein Nachfolger in die Firma ein.
Am 23. Januar 1911 schied der Sohn des Gründers Ferdinand C. Weipert durch die Übernahme der kompletten Werkzeugmaschinen-Abteilung nebst dem dazu gehörenden Grund und dem Gebäude aus der Firma aus. Das gesamte Personal der Abteilung wurde mitübernommen.
Er gründete die Firma F. C. Weipert Werkzeugmaschinen. Der Auseinandersetzungs-Vertrag vom 23. Januar 1911 ist heute noch im Firmen-Archiv vorhanden.
In den letzten Jahren vor dem ersten Weltkrieg erreichte die Produktion der Firma ihren Höhepunkt. Dies trifft sowohl für die Gruppe der landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen als auch auf die Produktion der Gießerei zu, soweit dies aus den noch vorhandenen Unterlagen ersichtlich ist.
Der Ausbruch des I.Weltkrieges am 1. August 1914 brachte auch für die Firma Weipert & Söhne einschneidende Veränderungen. Durch den laufenden Einzug der wehrfähigen Männer war die Produktion stark rückläufig. Dasselbe trifft auch auf den Verkauf zu.
Die Bezahlung der Lieferungen in den russischen Bereich wurde über Wechsel abgewickelt. Dabei wurden die nach dem 1. August 1914 fälligen Abschnitte nicht mehr eingelöst. Dies war ein großer Verlust, der sich auf M 194 325,99 belief. Ein beachtlicher Teil dieser Wechsel befindet sich noch heute im Firmen-Archiv.
Am 26. Februar 1915 starb Ernst Drautz, der Vater des Richard Drautz, der als Nachfolger in die Firma eintrat.

Es muß angenommen werden, daß die jeweiligen Teilhaber im üblichen Geschäftsverkehr ihre Unterschrift mit dem Firmennamen J. Weipert & Söhne bzw. Weipert & Söhne wie Richard Drautz geleistet haben.
Am 7. November 1915 ist der Teilhaber Alfred Drautz als Hauptmann in Serbien gefallen. Er war unverheiratet. Nach dem Tod des Alfred Drautz wurde Richard Drautz zum Alleininhaber.

Bild links: Die Fabrik um 1923.
Die Gesamtzahl der verkauften Maschinen und Geräte belief sich bis 1939 auf rund 630 000 Stück.
Die Aussagen der Mitarbeiter über die Anzahl der Beschäftigten nach der Inflation sind sehr widersprüchlich. Festgehalten werden kann, daß zwischen 1925 und 1928 ca. 450 Personen beschäftigt waren.
Die Zahl der insgesamt Beschäftigten ging bereits Ende 1928 auf ca. 330 zurück.
Aus dem Stadt-Archiv Heilbronn hier ein Ausschnitt aus der Neckar-Zeitung vom 14. Februar 1929:

   "Auch eine Folge der Kälte. Wie wir hören, muß die gesamte Belegschaft der Firma J. Weipert & Söhne, ca. 300 Leute, entlassen werden,
   da bei der Kälte das Eisen nicht verarbeitet werden kann. Sobald die Kälte nachläßt, sollen sie wieder eingestellt werden."

In den Jahren 1934 - 1939 beschäftigte die Firma im Jahresdurchschnitt ca. 250 Mitarbeiter.
Nennenswerte Unterlagen über die Zeit des 2. Weltkrieges sind außer Anordnungen des Reiches über die Bewirtschaftungsmaßnahmen bei der Zerstörung des Bürogebäudes verbrannt.
Bei dem Großangriff auf Heilbronn, am 4. Dezember 1944, wurden sämtliche Fertigungshallen und Räume der Landmaschinenfabrik, die Lagerräume mit Fertigprodukten, ca. 10 000 cbm Buchenholz und Tannenbretter auf dem Holzplatz sowie zwei Wohngebäude (Werkswohnungen) durch Feuer zerstört. Dank seiner massiven Bauweise wurde der Gießerereikomplex weniger durch die Brand- und Sprengbomben beschädigt. Das Bürogebäude wurde zum größten Teil durch Brand vernichtet, die Rassenschränke ausgeglüht.
Richard Drautz war bei Kriegsende 63 Jahre alt. Die Zerstörung seines Wohnhauses, des gesamten Fabrikanwesens und der Niederlassung in Breslau, zumal der Grundbesitz dort von den Polen vereinnahmt wurde, hatte seinen Gesundheitszustand sehr geschwächt. Er konnte sich deshalb nicht sofort zu einem Wiederaufbau entschließen. Die Fabrik blieb, so wie sie am 4. Dezember 1944 zerstört worden war, bis Ende August 1945 völlig unberührt liegen.
Bedingt durch seine angegriffene Gesundheit hat Richard Drautz die Firma nun hauptsächlich von der Wohnung des Gießereileiters, Herrn Grundler, aus geleitet. Er fand bei dem Ehepaar Grundler kurz nach dem Krieg ein Zuhause.
Am 1. September 1945 wurden mit 14 Betriebsangehörigen die Aufräumumgs- und Wiederaufbauarbeiten in der Gießerei begonnen. Gleichzeitig wurde der Ersatzteildienst für die gelieferten Maschinen und Geräte aufgenommen. Es war die einzige Einnahmequelle, eine lukrative Tätigkeit. Die erforderlichen Abgüsse nach anzuliefernden Modellen, die teils aus den Trümmern geborgen werden konnten, teils neu gefertigt werden mußten, lieferte die Firma F.C. Weipert, die nach dem Krieg die Arbeit bald wiederaufnahm.
Die Aufbauarbeiten erwiesen sich wie überall als außerordentlich schwierig. Für die Produktion wären Herstellungs-Genehmigungen, Eisenkontingente, U & E - Kontingente erforderlich. Die Herstellungs-Genehmigungen waren auf bestimmte Maschinen und Geräte, die Herstellungsmenge durch Kontingente beschränkt.
Für die zum Aufbau erforderlichen Materialien mußten Bezugsmarken bzw. Bezugsscheine beschafft werden. Nicht einmal Glühlampen konnten ohne Genehmigung bezogen werden.
Richard Drautz ließ durch das Technische Büro Carl Leyh, Stuttgart, den gesamten Kriegsschaden aufstellen und beurkunden. Die Schätzungsurkunde vom 20. November 1947 weist einen Betrag von RM 4.133.250,11 aus.
Erst im März 1949 waren die Schäden in der Gießerei soweit beseitigt, daß wieder gegossen werden konnte. Die Einrichtung entsprach aber in keiner Weise dem damaligen Stand der Technik.
Die Kundschaft, so wird berichtet, begrüßte die Eröffnung und kam wieder zu ihrem früheren Lieferanten.
1955 konnten bereits wieder 90 Mitarbeiter beschäftigt werden. Einige Kunden verlangten, daß die Abgüsse auch bearbeitet angeliefert werden sollten. Soweit es sich dabei um Dreharbeiten an Serienteilen handelte, konnte, nachdem aus den Trümmern einige Drehmaschinen geborgen wurden, bei denen sich die Instandsetzung lohnte, solchen Wünschen entsprochen werden.
Um einigermaßen wirtschaftlich arbeiten zu können, wurden in den Jahren 1957 - 1963 folgende Investitionen getätigt: eine Heißwind-Kupolofen-Anlage, eine Sandaufbereitung sowie einige Form- und Putzerei-Maschinen.
Anfang der 60er Jahre konnte die Firma, zumal als Gießerei, nur noch Fach- und Hilfskräfte bekommen, wenn eine Wohnung zur Verfügung gestellt werden konnte. Dies veranlaßte Richard Drautz, ein Wohnhaus mit 7 Wohnungen und einem Wohnheim zu bauen.
Zu einer Wiederaufnahme der Produktion der landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen konnte sich Richard Drautz nicht mehr entschließen. Er hat sich dazu so geäußert: "Diejenigen, die die Fabrik zerstörten, sollen sie auch wieder aufbauen."

Am 31. Juli 1965 starb Richard Drautz. In seinem Testament verfügte er, daß nach seinem Tode sein gesamtes Vermögen der Alleinerbin, der zu gründenden Richard Drautz-Stiftung, zufallen solle.


Die Geschichte der Richard Drautz-Stiftung geht weiter, soll hier aber nicht weiter beleuchtet werden.
 

Quellennachweis.

Chronik "125 Jahre J. Weipert & Söhne, Heilbronn