Verrenberg HistorischVerrenberg - Die Reallasten des bäuerlichen Besitzes 1684


Grundlage dieser Seite sind.
    - Gült- und Lagerbuch von 1684 (Ba55 Bd 84) im Hohenloher Zentralarchiv Neuenstein.
    - Buch: "Die Agrar- und Wirtschaftsverhältnisse des Fürstentums Hohenlohe im 18. Jahrhundert" von Helmut Weik, 1969


Die rechtliche Stellung des bäuerlichen Besitzes zur Grundherrschaft

  

Das Erbzinsgut (Bauernlehen)

Im Fürstentum Hohenlohe waren die Erbzinsgüter - grundherrliche Güter - absolut vorherrschend. Der Bauer besaß das Erbzinsgut kraft eines dinglichen Nutzungsrechtes an dem für unteilbar erklärten Hof.
Dieses Recht wurde im 18. Jahrhundert im Hohenloher Landrecht verankert. Die bäuerliche Rechtsinstitution - das Erbzinsgut - bestimmte die gesamte Agrarverfassung im Untersuchungsgebiet bis zur Mediatisierung im Jahre 1806.

Bei jedem Besitzwechsel mußte der neue Inhaber das Gut vom Grundherrn empfangen. Die Ausstellung eines Lehensbriefes und die Ablegung des Lehenseides war im fortschreitenden 18. Jahrhundert nicht mehr wie vordem zwingend.

Der neue Besitzer wurde im Gült- und Lagerbuch eingeschrieben. Das Nutzungsrecht an einem Erbzinsgut war für den Bauern ein unwiderrufliches Recht, da es im Erblehensverhältnis zur Grundherrschaft besessen, d.h. innerhalb der Bauernfamilie vererbt werden konnte. Diese Erblichkeit konnte ausnahmsweise auf die männliche Linie beschränkt werden. In diesem Fall wurden die Erbzinsgüter als "Mannlehen" bezeichnet.

Das Nutzungsrecht an einem Erbzinsgut ging verloren, wenn der Bauer "innerhalb drey auf einander folgenden Jahren seinen Erb-Zinß nicht entrichtet", oder das Erbzinsgut ohne des Grundherrn Bewilligung verkaufte.
Die Veränderung der auf dem Gut liegenden Lasten (Veränderungen der Art des Anbaus usw.) oder eine substantielle Veränderung durch den Grundhold war also immer von der Zustimmung des Grundherrn abhängig.
Zum Verkauf des Erbzinsgutes oder von Teilen desselben gab die Herrschaft keineswegs bereitwillig ihre Zustimmung; denn dadurch sank die Leistungsfähigkeit des Inhabers und die Verwaltungsarbeit der Beamten wurde bei der Einziehung der Abgaben schwieriger. Gab die Grundherrschaft trotzdem den notwendigen Consens, so war ein "Consensgeld" zu entrichten.

Wollte der Bauer das Erbzinsgut belasten, so mußte er ebenfalls um Genehmigung beim Amt nachsuchen. Die Belastung sollte nicht mehr als "die Helffte des Schuldners Vermögen" (Gutswert) betragen.

Der Grundhold konnte jedoch, ohne besondere Gegenleistung , aus dem Erblehensverhältnis heraustreten. Allerdings hätte er dann wahrscheinlich nicht gewußt,womit er seinen Lebensunterhalt anderweitig verdienen sollte.Der belehnte Bauer hatte, für die ihm aus der Grundherrschaft zufließenden Rechte der wirtschaftlichen Nutzung seines Erbzinsgutes, auf diesem ruhende Abgaben und Dienste an seinen Grundherrn zu leisten.Diese Verpflichtungen waren in den Gült- oder Lagerbüchern der Gemeinden bei den Ämtern aufgeführt, die sie nachführten und von Zeit zu Zeit neu schrieben (Renovaturen).In diesen Gültbüchern wurden alle Käufe und Verkäufe von Grund und Boden und von den zu den Höfen gehörenden Gebäuden eingetragen, sämtliche Erbfälle usw. ". . . damit an Zinsen und Gülten nichts abgehe, . .". Außerdem waren darin meistens auch die Schuldigkeiten der Herrschaft aufgeführt, die sie gegenüber den Untertanen hatte (Gerechtigkeiten der Untertanen an Wald und Weide, Gegenleistungen der Herrschaft bei Fronen usw. ).

Zusammenfassend kann gesagt werden: Das Nutzungsrecht bedeutet für den Bauern die Existenzgrundlage; der Grundherr sah in ihr eine Einnahmequelle. Beide Interessen mußten sich in einem gewissen Gleichgewicht und damit in gewissen Grenzen halten, wenn sie sich nicht gegenseitig ausschlieBen sollten. Ein ganz unbotmäßiger Grundhold ist für den Grundherrn ebenso untragbar wie für den Grundhold ein übermäßig drückender Grundherr. Insgesamt vermag die Geschichte der Grundzüge des Lehensrechts für die Zeit der Grundherrschaft keinerlei wechselvolle Entwicklung vorzuweisen; Dynamik ist vielmehr nur im Einzelfall zu finden.



 Die rechtliche Stellung des bäuerlichen Besitzes zur Grundherrschaft

  

Die eigenen Güter

Das Hohenloher Landrecht nennt die eigenen Güter (ganze Höfe) "Zinsgüter" und sieht den Unterschied zu den Erbzinsgütern darin, daß bei den Zinsgütern der Bauer sowohl das dominium directum (1) als auch das dominium utile (2) ungeteilt besitzt.
Er konnte also den eigenen Hof teilen, verpfänden oder sogar verkaufen, jedoch nicht ohne den Consens der Herrschaft. Auf dem Zinsgut lastete immer "eine gewisse Gült oder Zinß in recognitionem pristini Dominii".
Diese Zinslast ging bei einer Veräu8erung auf den neuen Besitzer entsprechend dem erworbenen Anteil am Zinsgut über. Deshalb mußten derartige Besitzwechselfälle beim Amt angezeigt werden.
Die Zinsgüter waren im Fürstentum Hohenlohe nicht häufig. (3)
Freies Eigentum an einem Hof - also nicht dinglich belastetes Eigentum - ist dem Verfasser in den von ihm bearbeiteten Kammerakte in keinem Fall begegnet.

Neben die8en Zinsgütern gab es die "gantz eigenthumliche Allodial-Grund-Stücke" oder walzende Grundstücke - eigene Grundstücke -, die für sich allein verkauft, vertauscht oder verpfändet werden konnte mit dem Consens der Herrschaft.
Den Ursprung dieser Grundstücke sieht E. Schremmer in denjenigen Stücken,". . . die einst mit herrschaftlichem Consens und gegen die Entrichtung einer Zertrennungsgebühr von einem Erbzinsgut abgeteilt wurden, . . ".
Andererseits stammten diese Grundstücke auch aus aufgeteilten herrschaftlichen Höfen.
Die Anzahl der walzenden Güter war im Fürstentum Hohenlohe verhaltnismäßig groß. Sie bildeten die Grundlage des Güterhandels in diesem Territorium. Im Notfall konnte der Bauer ein solches eigenes Grundstück verkaufen oder zur Abrundung seines Erbzinsgutes oder eigenen Zinsgutes dazukaufen.
Pfarrer J. F. Mayer wies Ende des 18. Jahrhunderts nachdrücklich darauf hin, daß, wenn alle Güter walzend wären, der Güterhandel sich beleben würde, die Güterpreise steigen und dadurch höhere Kaufhandlöhne öfters bezahlt würden. Der Staat hatte also damit auch eine höhere Steuereinnahme zu verzeichnen.
Eine eingehende Untersuchung über den Anteil der walzenden Güter in Hohenlohe führte E. Schremmer in 32 Gemeinden durch.
Er ermittelte dabei einen Anteil (bezogen auf die grundherrlich gebundenen Liegenschaften) bei den walzenden Äckern von 7, 8 % und bei den walzenden Wiesen von 12,4 %.

     Bild rechts: Auszug aus dem Gült- und Lagerbuch 1666 "aigene Güter"
(1) dominium directum: (oder bedeutende Domäne, Überlegenheit): Der Nachlass des Vermieters besteht aus dem Recht, über Eigentum zu verfügen und daraus entstehende Mieten (Feu-Pflicht) und feudale Vorfälle (Gebühren, Dienstleistungen usw.) einzuziehen.
(2) dominium utile: (oder utile domain): das Vermögen des Mieters, das die Rechte umfasst, Eigentum zu genießen (zu nutzen), zu verbessern oder davon zu profitieren und das Einkommen oder den Gewinn zu behalten;
      beinhaltet zB das Recht, an Land zu besetzen und zu wohnen und das Recht, die Fructus Naturales und Emblements von der Landwirtschaft fernzuhalten.
(3) Im Buch "Der Landkreis Öhringen Amtliche Kreisbeschreibung Band 2 von 1968, Seite579." wird erwähnt, dass der Anteil der "Bauern aigenen" Güter in Verrenberg 1684 mit ca. 45% auffällig hoch war.
     Diese waren in einzelnen Gewannen besonders konzentriert. Details dazu gibt es hier:



 

Quellennachweis

Hohenloher Zentralarchiv Nst: Ba 55 / Bd 84 1684

Buch: "Die Agrar- und Wirtschaftsverhältnisse des Fürstentums Hohenlohe im 18. Jahrhundert" von Helmut Weik, 1969