Für Details einfach auf das jeweilige Bild klicken Bild links: die hohenloher Kelterordnung von 1700 Bild rechts: ein Kerb-Holz aus dem Bestand des Hohenloher Zentralarchiv Neuenstein es wird unten im Punkt 16. erwähnt |
OriginaltextJohann Friedrich Graff von Hohenlohe und Gleichen Herr zu Langenburg und Cranichfeldt der hochlöbl. Graffschafft Hohenlohe Senior, auch Gemeinsamer deroselben Lehens Herrlichkeiten ADMINISTRATOR.Demnach wir nun etliche Jahre hero wahrnehmen müssen, wie es in unsern Keltern, denen hievor ergangenen gnädig- und ernstlichen Befehlen Schurstracks zuwider, nicht gar zum richtigsten hergegangen, herentgegen aber allerhand Unordnungen eingeschlichen, welches wie notori, uns zu nicht geringem Schaden und Nach-Buß ausgeschlagen, damit nun inskünfftig unsere Kelter-Schreiber und Kelter-Leut, sowolen auch die Bauern und Hecker sich besserer Richtigkeit befleissen und dergleichen Unheil vorgebaut werden möchte; Als ist unser nochmaliger gnädiger und ernstlicher Befelch, daß in allen unsern Keltern über hiebevorig ferner hernachfolgende Ordnungen bey der angesetzten Straff durchaus observirt und in Acht genommen werden solle. Erstlichen sollen alle die von gnädiger Herrschaft das Vorgeles erlangt haben sich in ihren Lesen und Keltern befürdern, daß andere im Los nicht gehindert werden, da auch ein oder anderer vorhanden, der zwey Secker machen könnte, worauf aber fleissige Obacht zu halten, daß kein Gefährde darunter gesucht oder gebraucht, dieselben sollen ebenmässig ins Los stehen, den einen Secker lesen und keltern, mit dem andern Secker aber bis zuletzt warten. Vors ander, wann es kleine Herbst gibt, sollen zwey, drey oder vier die Secker zusammen zu schütten Macht haben und nach Erkanntnus der Kelter-Leut, sich miteinander vergleichen. Drittens, die Eich Aymer, oder andere Kelter Geschirr, sollen nicht mit Most verstellt oder versperrt werden, bey Straff 15.Kreutzer. Vierdtens, soll keiner seine Trauben heim tragen und heimlich ausdrucken oder auspressen, bey der Herrschaft höchster Straff und Ungnad. Fünftens, es soll keiner seine Trauben oder Trester vorsetzlicher Weiß unter dem Dach treiff stellen, sondern mit einem Deckel zuvor aufs beste verwahren, bey Straff 10.Gulden. Sechstens, welcher Wasser unter die Treber oder Möst thut, oder vorsetzlicher Weiß schüttet, soll am Leib und Leben gestrafft werden. Siebendens, es soll keiner vor oder nach dem Herbst wie auch in währender Herbst-Zeit, Bretter, Bracken, oder ander Holz mit sich heimtragen, oder die Kufen darauff stellen, bey unnachlässiger Straff 1.Gulden. Achtens, wann der Hecker abgelesen und die Treber in der Kufen sind, solle ohne Beyseyn des Kelter-Schreibers oder Kelter-Manns einige Kufen nicht angestochen oder abgesösst werden, bey Straff 2.Aymer. Neuntens, sollen unsere Kelter- Schreiber und Kelter-Leut die Hecker und andere dahin anhalten, daß vom abgesössten Most der Herrschafft der Zehend und Wind-Wein als nemlich der 7.Aymer und Maas sowol, als vom Mittel- und Nachdruck, gegeben werde, bey Straffe 2.Aymer. Zehndens, und damit nichts weiter abgesöst werden möchte, soll im Beyseyn des Kelter-Schreibers oder Kelter-Manns der Han in der Kufen wieder abgebrochen werden, bey Straff anderthalb Aymer Most. Ailsstens, wann das Kelter-Bieth mit dem Secker und Treber beschütt wird, so soll aller abgekelterter Most nicht "ausgeichen" werden, es seye dann der Kelter-Schreiber zugegen, und Aufsicht halte, daß der Herrschafft der zehnd- und Kelter-Wein ordentlich geliefert werde, bey Straff 2.Aymer. Zwölftens, wann der Kelter- und Zehend-Most nun also abgestattet, so solle als dann gnädiger Herrschafft der Hecker seine schuldige Gült, Schuld- und Hecker Most zuforderst auch abrichten bey Straff anderthalb Aymer und ist bey diesen Posten gute Achtung zu geben, daß die Gült von des Heckers eigenem Most und allererst nach der Richtung eingezogen werde. Dreyzehndens, solle kein Most dem Auswendigen hingegeben oder wegzuführen gestattet werden, ehe der Herrschafft ihr Gebühr geliefert wird und dieselbe darein verwilliget. Vierzehndens, solle bey Nacht oder Liecht gar nichts "ausgeichen" werden, sondern die Nacht durch verwahret und die Keltern versperrt verbleiben, bey Straff 2.Aymer. Funffzehndens, solle bey nächtlicher Weil niemand kein Most aus den Keltern tragen, es sey Maas- oder Fäßlein weiß, bey Straff 3.Aymer. Sechzehndens, was jeder Hecker an Most gewonnen, solle auf ein Kerb-Holz odentlich und fleissig aufgeschnitten werden, davon sollen die Kelter-Leut den Stock behalten, des Heckes Namen darauf schreiben und den Gegentheil dem Hecker zuhanden stellen und sobald man in ein oder anderer Kelter mit dem Keltern fertig sollen die Kelter-Leut neben den Heckern mit Kerb-Hölzern auf der Ampt-Stuben erscheinen und daselbsten ordentlich miteinander abrechnen; Wegen der Frembden aber solle der Ertrag von den Kelter : Schreibern fleissig notirt und bey der Kelter : Rechnung angezeigt werden. Siebentehndens, solle keinem Kelter-Mann gestattet werden, einige Fäßlein mehr in der Kelter zu halten, dann wer demselben oder dem Kelter-Schreiber etwas verehren will, soll solches nach dem Herbst aus seinem Keller thun, auch den Kelter-Leuten mehrers nicht, dann ihren geordneten Lohn bezahlen, nemlich von jedem Hecker ___ Kreuzer und eine Maas Wein oder Most, jedoch was er nicht würklichen trincket solle ihme gemeldter Massen nach dem Herbst aus dem Keller gegeben werden, bey Straff 5.Gulden Achtzehndens, haben die Kelter-Leut allezeit richtige Register zu halten, wieviel Most jeder gewonnen und wohin solcher geliefert, fleissig und Pflichtmässig aufzuzeichnen, damit er auf Befragen deßwegen richtige Anzeig geben und solches bey der Kelter-Rechnung vorlegen könne. Neuntehndens, ist unter den Keltern der Zoll, wie solches bey denselben Herkommen von den Mostführen in fleissige Obacht zu nehmen und einzubringen. Zwanzigstens, sollen auch die Bauern sich zeitlich und ehe der Herbst würklichen seinen Anfang nimmt, mit guten und recht geichenen Layt-Fassen versehen und es keinem der Treber in Weinbergen stehen hat, er sey gleich reich oder arm versagen sondern selbige gegen gebührenden Lohn in die Kelter führen, damitt solche nicht über Nacht im Feld gelassen werden dörffen, welche Baur aber sich hierinn widersetzen würde, solle zur Straff verfallen seyn 3.Gulden. Schließlich, solle hinfüro einiger Mensch, es seye auch wer es wolle, der nichts in den Keltern zu verrichten, besonders aber das ohnnützige Gesindlein, Buben und Mägdlein, von den Kelter-Leuten gar nicht darinnen gelitten, sondern aus- und abgeschafft werden, bey unnachlässiger Straff. Und damit dieser unser Ordnung in allen Puncten gehorsame Folge beschehen möge, so besfehlen wir unsern Beampten und Kelter . Schreibern hiermit gnädig, daß sie solche zu jedermanns Wissenschafft, noch vor dem Herbst publiciren, in jede Kelter ein Exemplar davon geben, zugleich den Herbst durch fleissige Inspecktion halten, inspecie aber unsere Beampten die Keltern öffters visitiren und von denjenigen, welche hierwider handeln, sobalden die angesetzte Straff erfordern, einziehen und gebührend verrechnen solle. Signatum Oehringen, unter aufgedrucktem Hoch-Gräfl. Cammer Secret den 8.Octob. Anno 1700. |
Versuch die Verordnung in ein modernes Deutsch zu übersetzenJohann Friedrich Graff von Hohenloheund Gleichen Herr zu Langenburg und Cranichfeldt der hochlöblichen Grafschaft Hohenlohe Senior, auch gemeinsamer Lehens Herrlichkeiten ADMINISTRATOR. Seit einigen Jahren müssen wir sehen, wie sich in den Keltern eine Unordnung eingeschlichen hat, die uns einige Nachteile bringt. Damit die Kelterschreiber, Kelterleute, Bauern und Weingärtner sich an die Vorgaben halten, werden die Befehle hier wiederholt. 1. Wer von der Herrschaft das Recht der vorlese erhalten hat, soll sich mit der Traubenlese und dem Keltern ranhalten, damit die nicht behindert werden, die nach ihm kommen. Wer zwei Secker zum lesen hat, soll auf die anderen Rücksicht nehmen und mit dem zweiten Secker bis zum Schluss warten. 2. Wenn es in einem Jahr nur einen kleinen Traubenertrag gibt, sollen zwei, drei oder vier ihre Secker zusammenschütten dürfen und dann nach Vorgabe der Kelterleute "sich vergleichen". 3. Die geeichten Eimer und andere Keltergerätschaften sollen nicht mit Most verstellt oder versperrt werden. Die angedrohte Strafe beträgt 15.Kreutzer. 4. Keiner darf seine Trauben Zuhause pressen, sie müssen in die herrschaftlichen Keltern gebracht werden. Es werden höchste Strafen angedroht. 5. Keiner darf Trauben oder Trester absichtlich unter dem Dach "treiff" stellen, sondern gut mit einem Deckel verschließen. Die angedrohte Strafe beträgt 10.Gulden. 6. Wer Wasser unter den Treber oder in den Most schüttet, soll an "Leib und Leben gestrafft" werden. 7. Niemand darf Bretter, Bracken [ist der (senkrechte) Kelterbaum] oder anderes Holz aus der Keltern raus nehmen, oder die Kufen darauf stellen. Die angedrohte Strafe beträgt 1.Gulden. 8. Wenn die Weinlese beendet ist und der Treber "in der Kufen" ist, darf ohne Beisein von Kelterschreiber oder Kelterleute keine Kufe angestochen oder "abgesösst" werden. Die angedrohte Strafe beträgt 2 Eimer [Most?] 9. Die Kelterschreiber oder Kelterleute sollen die Weingärtner und andere anhalten, dass sie vom "abgesössten" Most der Herrschaft der Zehend und "Wind-Wein" abgeliefert werden. Gemeint ist der 7.Eimer vom Mittel- und Nachdruck. Die angedrohte Strafe beträgt 2 Eimer [Most?] 10. Damit dann nichts weiter "abgesösst" wird, soll in Anwesenheit von Kelterschreiber oder Kelterleute der Hahn in der Kufe abgebrochen werden. Die angedrohte Strafe beträgt 1,5 Eimer [Most?] 11. Wenn das "Kelter-Bieth" mit dem Secker und Treber "beschütt" wird. So soll der abgekelterte Most nur "ausgeichen" werden, wenn der Kelterschreiber anwesend ist und Aufsicht hält, damit der Zehnt- und Kelter-Wein der Herrschaft ordentlich geliefert wird. Die angedrohte Strafe beträgt 2 Eimer [Most?] 12. Wen der Zehnt- und Kelter-Most abgegeben ist, sollen die Weingärtner der gnädigen Herrschaft seine Gültschuld und "Hecker Most" abgeben. Die Verantwortlichen sollen darauf achten, dass die Gült wirklich von dem Most des Weingärtners genommen wird. Die angedrohte Strafe beträgt 1,5 Eimer [Most?] 13. Auswärtigen soll kein Most abgegeben werden, bevor die Herrschaft nicht ihre Gebühr bekommen hat und diese zustimmt. 14. Bei Nacht oder Licht darf nicht man nicht "ausgeichen" . Statt dessen muss die Kelter über nicht gut versperrt bleiben. Die angedrohte Strafe beträgt 2 Eimer [Most?] 15. Bei Nacht darf niemand Most aus der Keltern tragen. Weder "Maas" [ca. 1,5 bis 2 Liter] noch "Fäßlein" weise. Das Verbot gilt also unabhängig von der Menge. Die angedrohte Strafe beträgt 3 Eimer [Most?] 16. Die Menge an Most soll für jeden Weingärtner in ein "Kerb-Holz" "aufgeschnitten" [eingeritzt] werden. Die Kelter-Leute sollen den Namen des Weingärtners darauf schreiben. Dieses "Kerb-Holz" wurde längs gespalten oder geteilt, so dass Weingärtner und Kelter-Leute die an der Trennstelle zusammenpassenden Einritzungen auf ihrer Stockhälfte dokumentiert fanden. Sobald in einer Keltern das Keltern beendet ist, sollen die Kelter-Leute und Weingärtner auf der Amtsstube erscheinen um die Abrechnung zu erstellen. Bei Fremden soll der Ertrag von den Kelterschreibern notiert und in die Kelterrechnung übertragen werden. 17. Kein Mitarbeiter (Keltermann oder Kelterschreiber) in der Kelter darf "eine Belohnung" von den Weingärtnern aus dem Wein Most in der Kelter annehmen. Wer diesen trotzdem was zukommen lassen will, soll das nach dem Herbst aus dem eigenen Keller machen. Jedem Keltermann steht von jedem Weingärtner ein Lohn von … Kreuzer und eine Maß Wein oder Most zu. Was er davon nicht (dort) trinkt, soll er nach dem Herbst mit nach Hause nehmen können. Die angedrohte Strafe beträgt 5 Gulden. 18. Die Kelterleute müssen genau Buch führen, wieviel Most jeder (Weingärtner) gewonnen hat und wohin dieser geliefert wurde, damit er jederzeit Auskunft geben kann und bei der Erstellung der Kelterrechnung seine Angaben machen kann. 19. Wo der Most eine Zollgrenze überschreitet, darf der Zoll nicht vergessen werden. 20. Die Bauern sollen rechtzeitig, bevor die Weinlese beginnt, sich mit guten "Layt-Fassen" aus Eiche versehen, damit keine Treber über Nacht in den Weinbergen stehen bleibt, sondern gegen Entgelt in die Keltern kommt. Die angedrohte Strafe beträgt 3 Gulden. Schließlich soll ohne Ansehen der Person, niemand in den Keltern geduldet werden, der dort nichts zu tun hat. Besonders erwähnt werden Kinder. Die Strafe wird hier nicht genau beschrieben. Den Beamten und Kelterschreibern wird befohlen, diese Verordnung noch vor der Weinlese so zu publizieren, dass es jedermann weiß. In jeder Kelter soll eine Kopie sein und die Einhaltung durch "fleissige Inspecktion" sichergestellt werden. Bei Verstößen muss die angesetzte Strafe durchgesetzt und verrechnet werden. Diese Verordnung wurde am 08.Oktober 1700 in Öhringen erlassen. |
Begriffe, die noch unklar sind. Wer kann helfen?- "ausgeichen" (siehe Punkt 11 und 14) => vermutete Bedeutung: geichen => eichen. Ist gemeint, dass die Menge des gekelterten Mostes mit den geeichten Eimern gemessen wird?- "abgesösst" (siehe Punkt 8, 9 und 10) |
Ein Begriff, der zwar grundsätzlich bekannt, aber doch erwähnenswert ist!"Hecker" => Vermutlich ist der Weingärtner gemeint"Kerb-Holz" " (siehe Punkt16) Die meisten werden noch die Redewendung "etwas auf dem Kerbholz haben" kennen. Umgangssprachlich ist damit gemeint, dass sich jemand was hat zuschulden kommen lassen. Eine Erklärung im Netz geht so: "Bis ins 18. Jahrhundert verwendeten Händler so genannte Kerbhölzer. Das waren Holzstäbe, die in der Mitte gespalten wurden. Wenn nun jemand etwas kaufte, was er nicht sofort bezahlen
konnte, wurden in beide Hälften Kerben geritzt. Und zwar so viele, wie er Schulden hatte. Die eine Hälfte bekam der Käufer, die andere der Verkäufer. Und beide wussten nun, wie viel
der Käufer noch "auf dem Kerbholz" hatte. Also, was er dem Verkäufer noch schuldete."
Im Falle unserer Kelterordnung wurde für jeden Weingärtner in ein solches Kerbholz die Menge seines Most in der Kelter geschnitten. Dieses wurde dann so nach der Länge gespalten, dass
beide Parteien jeweils eine Hälfte hatten, die eindeutig zueinander passten.So hatten beide Parteien einen sicheren Nachweis für die spätere Dokumentation in der Amtsstube. Es wäre spannend zu wissen, bis wann in den hohenloher Keltern das Kerbholz verwendung fand. In welchen anderen Bereichen des täglichen Lebens in Hohenlohe kam es noch vor? "Secker" (Säcker)" (siehe Punkte 1, 2 und 11) => ist eine Art Maßeinheit, ein Quantum Trauben. "Treiff"" (siehe Punkt 5) => könnte Trauf (=Dachtrauf) meinen. "Layt-Fassen"" (siehe Punkt 20) => meint Leitfass, ein Transportgefäß, um die Trauben zur Kelter zu bringen. |