Verrenberg HistorischDie alte Linde und dabei liegende Kegelbahn in Verrenberg





Im Bild "Die Linde" mit dem alten Lindenbaum links davon

Bis 1955 stand neben dem Gasthaus "Linde" eine alte, mächtige Linde, die namensgebend für das Gasthaus wurde.

Hier soll versucht werden, ihre Geschichte und allerlei Geschichten drum herum zu erzählen.


Im Bild "Die Linde" mit dem neuen Lindenbaum rechts davor

Ist die Linde auf der Zeichnung des Pfedelbacher Maler Creutzfelder um 1670 zu sehen? Vermutlich war er da aber noch zu unbedeutend, als dass er ihn bewusst eingezeichnet hätte. Verrenberg um 1670

1773 wird im Taufregister berichtet, dass eine Ortsfremde Frau "auf der freyen Straßen, bey der Linden [ein Kind] gebohren, Nachmittags zwischen 12. 1. Uhr ...".
Wenn die Angabe "bey der Linden" als Ortsangabe reichte, musste diese Linde schon einzigartig im Ort gewesen sein.



Im Urkataster von 1839 sieht man die Linde
auf Gemeindegrund neben dem Platz, auf dem
später das Gasthaus Linde (Haus Nr.69)
entstanden ist. Sie dürfte da schon
ca. 190 Jahre alt gewesen sein.
  Im Jahr 1837/38 gab der Bauer Franz Atz
etwas Grund und Boden ab, damit darauf
das Wohnhaus des Lehrers (Blau) gebaut
werden konnte. Links in Orange das Rathaus.

Im Gegenzug bekam er den bis dahin
öffentlichen Grund rund um die Linde (Grün).
Warum wollte er diese Fläche?



Nach dem Tod von Gottlieb Atz 1851 wurde das Gut von den Erben verkauft.
In dieser Anzeige im Hohenloher Bote von 23.06.1851 wird eine Kegelbahn erwähnt.
Ist das die Bahn bei der Linde, oder eine andere?



Am 20.06.1854 verkaufte
Wilhelm Franz Happold
seinen ganzen Besitz an seinen
Enkel Christian Franz Atz.
  Im Ruggericht 1855 steht folgendes:
Neben dem Lindenwirth, aber
"nicht zu diesem gehörig, befindet sich eine
offene Kegelbahn, hart an der Hauptstraße
des Orts und sogar mit dem Ende der Kegelbahn
gegen die Straße gerichtet, was ganz polizeiwidrig
ist. Das Schultheißenamt darf daher den Gebrauch
dieser Kegelbahn durchaus nicht mehr zulassen.
"


Da die Kegelbahn erstmals im Ruggericht von 1855 genannt wird, ist zu vermuten, dass diese von Christian Franz Atz gebaut wurde.


Da es keine direkte Überlieferung über den Ursprung der Linde gibt, lohnt sich ein Blick in das Vorwort des Gemeindegüterbuch von 1858. Dort steht unter dem Punkt "Merkwürdiges" das folgende:
"13. Merkwürdigkeiten
An solchen ist eines schönen großen Lindenbaums zu erwähnen, welcher Oben im Dorf, an der Straße, auf einem früher der Gemeinde gehörigen, im Jahr 1837/38 aber gegen den jezigen Schulhausbauplaz an den Bauern Franz Atz vertauschten freyen Platz steht, und von welchem das daneben stehende Gasthaus zur Linde seinen Namen entlehnt hat.
Derselbe soll, wie man sich hier erzählt, vor ungefähr 200 Jahren durch einen Ortsangehörigen, welcher solchen aus dem Erlenbacher Wald geholt hat, gesezt worden seyn.
Eine besondere Veranlassung hiezu ist nicht bekannt, wahrscheinlich war es eine Nachahmung der großen Linde zu Neuenstadt am Kocher, wie dies in andern Orten der Umgegend der Fall ist.
"

Die Linde wird also bei der Erstellung des Güterbuches 1858 mit einem Alter von ungefähr 200 Jahren angegeben => ~ 1658.
Damit kommen wir zeitlich in den Bereich des Endes des 30jährigen Krieges (1618-48). Erst am 28.08.1650 feierte man in Öhringen ein Friedensfest, da noch 1649 schwedische Truppen in Hohenlohe waren und man dem Frieden nicht traute.
Wenn auch der Autor 1858 einen Bezug zur schon damals alten Linde in Neuenstadt am Kocher sieht, so drängt doch der Zeitpunkt der Planzung nach dem 30jährigen Krieg den Gedanken auf, dass es sich um eine "Friedenslinde" handelte. Diese sind in vielen anderen Orten nachgewiesen.


Hier den Eintrag des Furstücks 127/1 im Güterbuch Band II, vermutlich um 1858 entstanden.
Die Linde wird erwähnt, aber nicht die Kegelbahn. Auch sind die Besitzerwechsel ab 1855 verzeichnet.
Dabei auch der Verkauf aus dem Nachlass des 1862 innerhalb weniger Tage verstorbene Ehepaar Christian Franz Atz an den Lindenwirth Carl Christian Carle im Jahr 1863





Auf diesem Kartenausschnitt von 1858 ist die Kegelbahn
auf dem Flurstück127/1 (roter Pfeil) zu sehen.
Darüber die alte Linde,
links davon das neu erbaute
Haus Nr.69 der
Witwe des Lindenwirth Johann Ludwig Carle
  Nach dem Tod der Franz Atz'schen Eheleute kam deren kompletter Besitz am 31.03.1862 in einer öffentlichen
Versteigerung zum Verkauf. Die Kegelbahn wird nicht erwähnt.
Darunter war auch das besagte Flurstück 127/1, auf dem die alte Linde stand.
Käufer war der Lindenwirth Carle. Allerdings scheint es Probleme gegeben zu haben. Es gab am 13.02.1863 einen Gerichtstermin. Details dazu unten.

Gerichtstermin am 13.02.1863
Das Flurstück 127/1 mit der alten Linde kommt "endlich" zum Gasthaus Linde. Hier eine Abschrift.


Es gab Streitigkeiten bezüglich diesem Kauf zwischen dem Lindenwirth Carle und der Pflegschaft der "Atz'schen Kinder", der dadurch beigelegt wurde, dass der Käufer nochmal 15 fl. mehr und damit 148 fl. bezahlte.
Danach noch eine Abschrift aus dem Kaufbuch "Thl. X blt: 126"


1866 gab es dann wieder eine Kegelbahn im Ort. Diesmal aber im Gasthaus Rose.


Auf einer Postkarte von 1907 ist die Linde schön erkennbar.


1918 wurde vor der "Sonne" ein Schulbild aufgenommen, das im Hintergrund die Linde zeigt.


Beim 1.Stiftungsfest des Verrenberger Turnverein 1926 wurde ein Foto aufgenommen, aus dem dieser Ausschnitt entstand.
Es entstand im heutigen "Wohngebiet Lindenweg". Rechts ist das Dach des Haus Nr.69 - die Linde - und links das Dach der zugehörigen Scheune zu erkennen.
Das Bild rechts zeigt einen Blick aus gleicher Perspektive im Jahr 2021. Hier ist es die "neue" Linde, die als Ersatz 1963 geplanzt worden war.


1947 wurde ein Bild der Verrenberger Schulklasse aufgenommen. Im Hintergrund ist der Stamm der Linde erkennbar.


Am Pfingstsonntag 1955 schlägt ein Blitz in den Lindenbaum und zerstört ihn. Er dürfte um die 300 Jahre alt gewesen sein.
In der mündlichen Überlieferung wird erzählt, dass Äste abgestützt wurden und mit Eisen der Baum zusammengehalten wurde. Zur Blütenzeit wurden Leitern angestellt, um die Lindenblüten zu pflügen
Im Bild oben sieht man links einen Ast, der mit Eisen verstärkt wurde.

1963 wurde eine neue Linde gepflanzt.

Der Pfeil zeigt in dieser nachträglich colorierten Aufnahme von 1968 die fünf Jahre zuvor gepflanzte Linde.


Die Linde 2020 -Gasthaus und Baum :-).
 

Quellennachweis.

Kornwestheim: Sign. GBZA_HBN 32 A 013.584.650 Gueterbuch Bd. 1_Vorwort
Hohenloher Kreisarchiv: Der Hohenloher Bote; 1866
Ortsarchiv Verrenberg: B 72 Kaufbuch Bd 8 1854-1858
Ortsarchiv Verrenberg: B 74 Kaufbuch Bd 10 1861-1864
Ortsarchiv Verrenberg: B 2 Ruggerichtsrezessbuch 1833-1888
Ortsarchiv Verrenberg: B 48 Gemeindegüterbuch Band II 1858-1899
Mündliche Überlieferung von Friedrich Hofmann